Sandokai - Durchdringung von Essenz und Erscheinung 

von Meister Sekito

in einer Übersetzung/Interpretation nach Heisan

 

Der Geist des großen Weisen aus Indien wurde innig vertraut von Westen nach Osten weitergegeben. Manche Menschen sind intelligent, andere weniger. Doch auf dem wahren Weg gibt es keine Meister des Südens oder des Nordens.

 

Die Quelle des Geistes leuchtet klar wie Licht. Bäche die sich verzweigen, fließen im Dunkeln. An den Vorstellungen und Ideen des Verstandes zu haften ist Täuschung. Eins werden mit der Gleichheit aller Dinge ist aber noch keine Erleuchtung.

 

Da alles bedingte Dasein in Abhängigkeit entsteht, durchdringen sich alle Erscheinungen. Mit den Sinnen wahrgenommen, scheint alles von einander getrennt zu existieren. Das Erkennen wechselseitiger Abhängigkeit führt zu Solidarität. Andernfalls scheint alles getrennt an seinem jeweiligen Ort zu bleiben.

 

Alle Phänomene unterscheiden sich durch ihre Merkmale. Klänge zum Beispiel sind angenehm oder unangenehm. In der Dunkelheit aber gibt es keine Unterscheidung zwischen hochwertig und minderwertig. In der Helligkeit erscheinen die Gegensätze zwischen rein und unrein.

 

Die vier Elemente des Körpers kehren zu ihrer Natur zurück, wie ein Kind zu seiner Mutter. Feuer wärmt, Wind bewegt, Wasser macht nass und Erde trägt. Auge und Form, Ohr und Klang, Nase und Geruch, Zunge und Geschmack. Bei den Erscheinungen ist es wie mit den Blättern eines Baumes: Sie stammen alle aus derselben Wurzel. Stamm und Zweige teilen dieselbe Essenz. Edel oder gewöhnlich, alles drückt sich auf seine Weise aus.

 

Durch Helligkeit erkennst du die Dunkelheit, doch hafte nicht an der Dunkelheit. Dunkelheit existiert durch Helligkeit, doch betrachte nicht nur die Helligkeit. Dunkelheit und Helligkeit erscheinen als Gegensatz, doch sind voneinander abhängig, wie beim Gehen der vordere und hintere Fuß. 

 

Jedes der unzähligen Phänomene hat seinen Wert. Sein Ausdruck ist abhängig vom Ort und den Umständen. Das Relative passt zum Absoluten wie ein Deckel zu seinem Topf. Das Absolute und das Relative entsprechen einander wie zwei Pfeile, die sich im Flug gegenseitig durchdringen. Hörst Du diese Worte, solltest du die Quelle der Lehre ergründen. Entwickle keine eigenen Maßstäbe und Illusionen.

 

Verstehst du nicht den Weg der direkt vor dir liegt, wie willst du ihn dann gehen und verwirklichen? Wenn du hier und jetzt vorwärts gehst, ist das keine Sache von fern oder nah. Doch verwirrt und zweifelnd scheinen Berge und Flüsse dir den Weg zu versperren.  Ich fordere alle Sucher der Wahrheit ehrerbietig auf: Vergeudet eure Tage und Nächte nicht.