Vor ein paar Tagen erhielt ich eine Frage im YouTube-Kanal, durch die eine kleiner Text anstand, den ich gerne mit euch teilen möchte:
FRAGE: Hallo Thorsten. Vielen Dank erstmal für die tollen Videos, sehr interessanter und gut gestalteter Content :) Ich habe eine Frage zur Beobachtung: Ist diese deiner Ansicht nach auch möglich, wenn wir tot sind, bzw. keine Gehirnfunktion mehr stattfindet, oder ist dieses Beobachten auch ein reines Produkt unseres Gehirns?
Meine, sagen wir, laienhafte Vorstellung ist, dass es das reine, undifferenzierte Bewusstsein vor allem anderen gab und quasi alles was wir erfahren und wahrnehmen können eine Form von Bewusstsein ist. Allerdings finde ich keine Möglichkeit, mir selbst diesen Beweis zu erbringen, obwohl es für mich irgendwie logisch erscheint.
Das scheint für mich, in meinem Inneren, eine ganz fundamentale und finale Frage zu sein. Was dieser Frage wahrscheinlich zugrunde liegt, ist die Innere Angst vor der Frage, was nach dem physischen Tod mit uns passiert, ob wir einfach aufhören zu existieren. Hast du einen Tipp für mich, oder etwas erfahren, das du mit mir teilen könntest? Lieben Gruß.
ANTWORT: Eine wunderbare und tiefgründige Frage, die nicht leicht, wenn überhaupt, zu beantworten ist. Mir ging dabei folgende Geschichte durch den Kopf:
Eines Tages fragte ein Schüler seinen Meister: "Was passiert, wenn wir sterben?" Der Meister antwortete: "Woher soll ich das wissen?" "Du bist doch ein Zen-Meister!" sagte der Schüler. Und der meister antwortete: "Ja, aber kein toter."
Ich kann dir daher deine Frage nicht letztendlich beantworten. Nur so viel:
Es gibt eine Form von Beobachtung oder Gewahrsein, die vom Ego-Verstand erzeugt wird. Dieses Gewahrsein hat nach wie vor ein persönliches Interesse an der Person und ist nicht die letzte Instanz von Beobachtung.
Das was da beobachtet, die letzte Instanz von Beobachtung (die Quelle jeglicher Wahrnehmung wenn du so willst) ist nicht abhängig vom Körper-Geist-System. Solange der Körper lebendig ist, kann es scheinbar durch diese Augen sehen und durch diese Ohren hören. Das ist die Illusion, die durch die Identifikation mit dem Körper-Geist-System entsteht.
Deine, wie du sagst laienhafte Vorstellung, scheint mir richtig. Doch solange es ein intellektuelles Konzept ist, kann Befreiung nicht geschehen. Mit der Befreiung verliert sich auch die Angst vor dem Tod oder der Ungewissheit, was nach dem physischen Tod mit uns passiert.
Sieh mal, wenn du Zazen praktizierst, geschieht Beobachtung. Oberflächlich nehmen wir wahr, das Herzschlag geschieht, Verdauung, das Gefühl auf dem Kissen zu sitzen. Etwas tiefer schauen, können wir beobachten, dass von Augenblick zu Augenblick Gedanken, in Form von Erinnerungen oder Vorstellungen über die Zukunft, auftauchen.
Selbst das Empfinden eine Person zu sein, lässt sich wahrnehmen und beobachten. Wenn wir aber den Fokus um 180 Grad drehen, auf das was da beobachtet, dann hat das was da sieht keine Größe oder Form, keinerlei Beschreibungsmerkmale. Hast Du diese Erfahrung schon gemacht?
Wenn das was sieht noch auf irgendeine Art beschrieben werden kann, dann hat es Merkmale zum Beispiel beschreiben manche, dass es leer ist oder Frieden, Ruhe und Glückseeligkeit.
Doch auch diese Dinge werden wiederum wahrgenommen, jegliche Attribute, die erfahrbar sind und beobachtet werden können, lassen deutlich erkennen, dass da eine tiefere Instanz von Beobachtung/Gewahrsein ist. In letzter Instanz können wir es nicht beschreiben, nicht ergreifen, nicht wahrnehmen... es ist völlig unbewusst!
Doch gerade, weil es in keiner Weise wahrnehmbar ist, liegt im Nicht-Erkennen die höchste Erkenntnis. Du bist, ohne zu sein!
Wenn diese Erfahrung augenblickliche intime und durchdringende Erkenntnis ist, dann geschieht Befreiung. Leben geht danach weiter wie bisher auch mit allem was dazu gehört, aber der Ausdruck dieser Erkenntnis im Körper-Geist-System kann ein tiefer Frieden und Angstlosigkeit sein.
Wir verlieren die Angst vor unserer Sterblichkeit, weil da Gewissheit ist, dass wir das sind, was wir sind ohne zu sein, was wir dachten das wir sind.
Am Ende geht es darum, mit "leeren Händen zum Marktplatz zurück zu kehren" und das Gleichgewicht, zwischen Herz und Hirn zu bewahren. Doch gibt es niemanden, der das tun oder lassen könnte. Es ist einfach das was von Augenblick zu Augenblick geschieht: Leben im freien Fall.