Erleuchtung hat nichts mit Dir zu tun

Der folgende Text stammt aus dem kleinen Büchlein "Die Wahrheit des Seins", dass im Epubli-Verlag erschienen ist:

 

Erleuchtung ist nicht mehr als ein biochemischer Prozess im Gehirn, der durch intensive Mediationspraxis oder Deprivation ausgelöst werden kann. Diese Erfahrung ist nicht mit Worten zu beschreiben.

 

Dennoch hat sie einen Anfang und somit auch ein Ende. Erwachen bedeutet nicht mehr als zu realisieren, dass es da niemanden gibt der Erleuchtung erfahren oder das Erwachen verwirklichen kann.

 

Beide Vorstellungen sind nicht mehr als ein Produkt des denkenden Verstandes und gehören somit nicht zur Wahrheit des Seins. Es gibt wohl kaum ein Wort, das mehr Vorstellungen und Illusionen erzeugt, wie das Wort „Erleuchtung“.

 

Für die meisten Suchenden ist Erleuchtung einfach nur ein weiteres Ziel, ein weiterer Wunsch, eine weitere Illusion. Es gab noch nie eine Person, die erleuchtet oder zu einem so genannten „Erwachten“ wurde. Es ist ja gerade die Abwesenheit der Person bzw. das Durchschauen der Idee einer aus sich selbst heraus existierenden Person mit einem freien Willen in Raum und Zeit, das die Erleuchtungserfahrung kennzeichnet.

 

Nicht dass es innerhalb des Traums nicht wundervolle Zustände und tiefe Erfahrungen von „Ich-losigkeit“ geben kann. Doch im Grunde erfährt das jeder Mensch mindestens einmal alle 24 Stunden. Nämlich immer dann, wenn sich das Körper-Geist-System in der traumlosen Tiefschlafphase befindet.

 

Doch niemand ist sich dieser Abwesenheit der Person bewusst, da die Person nun einmal abwesend ist. In Wahrheit hat die Person nie existiert. Es waren nur Gedanken, Gefühle, Wahrnehmungen und Bewusstsein innerhalb eines Körpers, dessen Lebendigkeit von Augenblick zu Augenblick geschieht, ohne einen Jemanden der irgendetwas davon macht.

 

Wie gesagt geschieht diese Erfahrung von "Ich-losigkeit" jede Nacht während der traumlosen Tiefschlafphase. Auf einmal gibt es da kein „ich“ mehr und wir lieben diesen Zu-stand: kein Schmerz, keine Gedanken, keine Schuld, kein Erlangen wollen von Erleuchtung oder sonst einem oberflächlichen Wunsch des Verstandes!

 

Doch während der Traumphasen scheint es jemanden geben zu müssen, der träumt und erneut kann Identifikation geschehen. Für die meisten Suchenden hat der Verstand ein wundervolles Bild der Erleuchtung konstruiert: da gibt es nie wieder Kummer, keine Sorgen, keine Gedanken, völlige Stille und absolutes dauerhaftes Wohlbefinden der Person.

 

 

Bilder von weiß gekleideten, immer lächelnden, Strohsandalen tragenden Men-schen, meist Inder, mit weißen Haaren und einem langen weißen Bart, in schwarz gekleidete Japaner mit ernstem Gesichtsausdruck und Glatze oder in Orange gekleidete, fröhlich lächelnde Tibeter, sind keine Seltenheit. Grundsätzlich werden Gurus wie Pop-Stars immer nur lächelnd und in Pose fotografiert.

 

Seltsamerweise nie, wenn sich der Guru gerade den Hintern abwischt oder sich auf Grund einer Magen-Darm-Grippe über die Kloschüssel hängt, denn dies würde die Illusion von Heiligkeit schlagartig zerstören. Doch in Wahrheit ist es so, dass die scheinbare Person, in einer Welt der Vergänglichkeit, niemals dauerhafte Zufriedenheit erfahren kann.

 

Das was nach Erleuchtung sucht, wird niemals erleuchtet werden. Das was Erleuchtung finden kann, war schon immer erleuchtet. Die persönliche Erfahrung der Erleuchtung ist einem Drogenrausch vergleichbar und hat nichts zu tun mit wirklicher Befreiung.

 

Man kann sogar sagen, dass diese persönliche Erleuchtung eine der letzten Waffen des Verstandes ist, bevor die Identifikation gänzlich durchschaut wird bzw. die Identifikation mit dem Ego-Verstand kollabiert. Befreiung hat rein gar nichts zu tun mit irgendeiner Form der Spiritualität, mit Ritualen oder Reinigungszeremonien.

 

Es reicht das Erkennen, das Du bereits das bist, was der Verstand Dir glauben machen möchte, dass Du noch nicht bist. Und doch gibt es in den meisten, so genannten spirituellen Wegen, eine Form von Praxis. Dies können Meditation, Tanz, Gebet oder andere Formen und Rituale sein.

 

Dazu werden entsprechende Gewänder, Gegen-stände, Klänge oder Räucherwerk benutzt, um die eine Illusion durch eine andere Illusion auszutauschen. Wirkliche Befreiung hat nichts mit all dem oder der Person, die nach Befreiung sucht, zu tun.

 

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