Wenn Du die ersten zwei Teile noch nicht gelesen hast, dann schau einfach hier auf der Seite oder in meinem Blog.
Der nächste Absatz beschäftigt sich damit, was Leerheit nicht ist und lautet wie folgt: „Sariputra, alles Dasein ist seinem Wesen nach leer, es gibt in ihm weder Geburt noch Vergehen, weder Reinheit noch Beschmutzung, weder Zunahme noch Abnahme. Daher gibt es in der Leerheit keine Form und keine Erscheinungen, nicht Augen noch Ohren, noch Nase, Zunge, Körper oder Bewusstsein, keine Farben, Töne, Gerüche, keinen Geschmack, nichts zu tasten, nichts zu denken.“
Es spricht weiterhin Avalokiteshvara zu Sariputra, also das Herz zum Verstand oder anders ausgedrückt das Mitgefühl und die Weisheit zum Intellekt und zum Wissen. Wenn alles leer von aus sich selbst heraus existierendem Sein ist, dann gibt es keine Ursache wie die Geburt, für das Dasein eines Kindes, sondern die Ursachen, die zu dieser Geburt geführt haben und die Ursachen dieser Ursachen beinhalten bereits das Potenzial des Kindes. Wenn wir die Ursache der Ursache zurückverfolgen kommen mir nirgendwo an! Das ist, was in diesem Text als Leerheit bezeichnet wird.
Aus diesem Grund gibt es innerhalb des Prinzips der Leerheit, also aus der Sicht der höchsten Weisheit, keine Geburt und keinen Tod. Da es kein aus sich selbst heraus existierendes „Ich“ gibt und die Dinge nur durch wechselseitige Abhängigkeit entstehen, gibt es keine Geburt, kein Werden und kein Vergehen. Mit „Reinheit noch Beschmutzung“ ist gemeint, dass es von diesem Blickwinkel aus kein richtig oder falsch gibt. Im Augenblick hier und jetzt, und das ist die einzige Wirklichkeit die real ist, entstehen die Erscheinungen und Phänomene durch ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren und Einflüsse. Jeder Augenblick ist vollkommen. Lediglich der unterscheidende und beurteilende Verstand erzählt uns eine Geschichte über falsch und richtig, bezogen auf unsere Konditionierungen und angelernten Denkmuster.
Alles ist in jedem Augenblick vollkommen! Mit „weder Zunahmen noch Abnahme“ ist gemeint, dass niemals etwas verloren geht. Es ist immer nur eine Umwandlung von einem zum anderen. Dies bestätigt die moderne Physik übrigens ebenfalls. Alles ist in Veränderung, aber dadurch wird das Universum nicht mehr oder weniger. Die Oberfläche des Ozeans ist ständig in Bewegung und es gibt kleine und größere Wellen. Aber der Ozean nimmt dadurch nicht zu oder ab.
Der Text führt weiter an, dass es, aus vorher genannten Gründen, in der Leerheit keine Formen und keine Erscheinungen gibt. Was wir als unabhängig und aus sich selbst heraus existierend wahrnehmen, ist im Grunde eine Illusion des Bewusstseins und nicht die Wirklichkeit. Ab hier kommen wir an einen Punkt, der nur durch die eigene Erfahrung des Erwachens tief verstanden werden kann. Aber, und darauf geht der Text weiter ein, gibt es innerhalb dieser Erfahrung niemanden der die Erfahrung macht. Es gibt nur die Erfahrung der Leerheit, die nicht mit den Sinnesorganen (Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper oder Bewusstsein) erfahren werden kann und in der es die Sinnesobjekte (Farben, Töne, Gerüche, Formen oder Gedanken) nicht gibt. In dem Augenblick, wenn die Identifikation mit dem Körper, den Gedanken, dem Empfinden, der Wahrnehmung und dem Bewusstsein aufhört, erscheint die Wahrheit, die nie verborgen war. Das ist das offensichtliche Geheimnis. Das ist die Wahrheit des Seins.
Aus dem Buch „Der Geschmack des Schattens einer Pflaume“
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